15. Januar 2019 - Das Insel-Spektakel geht heute Abend in die nächste Runde. Theresa Mays Karten für eine Zustimmung stehen nicht besonders gut – eine Ablehnung des mit der Europäischen Union (EU) ausgehandelten Deals ist relativ wahrscheinlich. Und dann? Dann geht es wieder in die Verlängerung. Eine unendliche Geschichte.
Was den Briten dann noch bleibt, sind 4 Optionen: eine Last-Minute-Einigung (wahrscheinlich), eine Verlängerung von Artikel 50 (mittlere Wahrscheinlichkeit), ein „Bremain“ durch einseitigen Widerruf von Artikel 50 seitens Großbritanniens (unwahrscheinlich) und ein „No Deal“ Brexit (auch eher unwahrscheinlich).
Last-Minute Deal
Eine Einigung in letzter Sekunde mit Großbritannien ist weiterhin die wahrscheinlichste Option – selbst wenn heute Abend das Parlament gegen den Deal stimmt. Um den 25. Januar herum könnte eine erneute Abstimmung stattfinden zum Brexit-Deal 2.0 und dann durch das Parlament kommen. Theresa May hätte dann drei parlamentarische Arbeitstage Zeit, um das Abkommen neu zu gestalten, einschließlich der Rückkehr nach Brüssel, um zusätzliche Zusicherungen zu erhalten, dass der irische Backstop vorübergehend sein wird – das ist die Hauptforderung der „rebellierenden“ Tories.
Ab in die Verlängerung
Eine Verlängerung von Artikel 50 über den 29. März 2019 hinaus ist die zweite der verbleibenden Optionen, mit einer mittleren Wahrscheinlichkeit. Es gibt immer mehr Spekulationen in diese Richtung. Gerüchte deuten darauf hin, dass der Juli ein neues Datum sein könnte. Um Artikel 50 zu verlängern, müssen sowohl das britische Parlament als auch alle EU-Staaten zustimmen.
Bei anhaltenden Meinungsverschiedenheiten im britischen Parlament könnte die Verlängerung zudem von a) allgemeinen Wahlen oder b) einem zweiten Referendum begleitet werden. In beiden Fällen ist eine 2/3-Mehrheit erforderlich, und beide würden einige Zeit in Anspruch nehmen: mindestens 25 Tage für Parlamentswahlen und etwa drei bis vier Monate für ein zweites Referendum.
Allerdings bevorzugen sowohl Tories als auch die Labor Partei derzeit eher ein ausgehandeltes Abkommen. Die Labor Partei könnte zudem ein Misstrauensvotum gegen die Regierung einleiten, das Theresa May aber aktuell voraussichtlich gewinnen würde. Ihr eigener, freiwilliger Rücktritt ist ebenfalls eher keine Option.
Hintertür: Zurück auf Los?
Es ist auch eher unwahrscheinlich, dass das Vereinigte Königreich einseitig Artikel 50 widerruft. Großbritannien kann vom Brexit wieder zurücktreten, indem es Artikel 50 ohne Zustimmung anderer EU-Mitgliedstaaten widerruft. Das hat der Europäische Gerichtshof am 4. Dezember entschieden. Insofern ist zumindest die Hintertür noch offen und der „Bremain“ ein mögliches Szenario.
No Deal?
Der harte Ausstieg ist ebenfalls weiterhin möglich, wenn auch eher unwahrscheinlich. Er könnte aber zufällig passieren. Seit dem 4. Dezember können Abgeordnete im britischen Parlament übrigens Gesetze vorschlagen, die es illegal machen, die EU ohne ein Abkommen zu verlassen.
Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat das?
Die anhaltend hohe Unsicherheit hat die Widerstandsfähigkeit der britischen Wirtschaft deutlich geschwächt. Daher dürfte sich das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in 4. Quartal 2018 und 1. Quartal 2019 deutlich schwächer entwickeln. Für das jährliche BIP-Wachstum im Jahr 2019 erwarten wir lediglich magere 1,2%.
Die Abwertung des Pfunds (mehr als 10% seit der Brexit-Abstimmung) hat die Einfuhrkosten erhöht und zu einem Rückgang der Margen der britischen Unternehmen geführt. Das reale Importwachstum im Jahr 2018 wird voraussichtlich unter 1% liegen, dem niedrigsten Niveau seit 2011. Dies führte zu niedrigeren Absatzmengen westeuropäischer Unternehmen in Großbritannien. Wir schätzen, dass die Eurozone insgesamt seit der Brexit-Abstimmung rund 60 Mrd. EUR an potenziellen Absatzmöglichkeiten auf dem britischen Markt verpasst hat.
Vorsicht, steigende Pleiten!
Seit Mitte 2018 nehmen die Unternehmensinsolvenzen auf der Insel zu und wir erwarten, dass sie bis 2019 um weitere +9% ansteigen werden. Auch die Großinsolvenzen sind weiter auf dem Vormarsch: In den ersten 9 Monaten 2018 waren es 14 Großpleiten gegenüber 9 im gleichen Zeitraum 2017.
Entspannung ist also nicht angesagt – egal, wie es heute Abend aussieht. Denn selbst eine Einigung in letzter Minute ist weiterhin ein „Blind Date“, bei dem alle Details erst in den kommenden Jahren ausgehandelt werden. Die Unsicherheit ist also gekommen, um zu bleiben. Das wird sich weiterhin bei einem niedrigen Wirtschaftswachstum, hohen Unsicherheiten und geringer Planbarkeit bei Investitionen oder Fusionen bemerkbar machen. Das meiste bleibt also weiter auf Brexit-Eis.
Bildrechte/Copyright: Euler Hermes (Grafik), Angela Compagnone / Unsplash (Foto)
Was den Briten dann noch bleibt, sind 4 Optionen: eine Last-Minute-Einigung (wahrscheinlich), eine Verlängerung von Artikel 50 (mittlere Wahrscheinlichkeit), ein „Bremain“ durch einseitigen Widerruf von Artikel 50 seitens Großbritanniens (unwahrscheinlich) und ein „No Deal“ Brexit (auch eher unwahrscheinlich).
Last-Minute Deal
Eine Einigung in letzter Sekunde mit Großbritannien ist weiterhin die wahrscheinlichste Option – selbst wenn heute Abend das Parlament gegen den Deal stimmt. Um den 25. Januar herum könnte eine erneute Abstimmung stattfinden zum Brexit-Deal 2.0 und dann durch das Parlament kommen. Theresa May hätte dann drei parlamentarische Arbeitstage Zeit, um das Abkommen neu zu gestalten, einschließlich der Rückkehr nach Brüssel, um zusätzliche Zusicherungen zu erhalten, dass der irische Backstop vorübergehend sein wird – das ist die Hauptforderung der „rebellierenden“ Tories.
Ab in die Verlängerung
Eine Verlängerung von Artikel 50 über den 29. März 2019 hinaus ist die zweite der verbleibenden Optionen, mit einer mittleren Wahrscheinlichkeit. Es gibt immer mehr Spekulationen in diese Richtung. Gerüchte deuten darauf hin, dass der Juli ein neues Datum sein könnte. Um Artikel 50 zu verlängern, müssen sowohl das britische Parlament als auch alle EU-Staaten zustimmen.
Bei anhaltenden Meinungsverschiedenheiten im britischen Parlament könnte die Verlängerung zudem von a) allgemeinen Wahlen oder b) einem zweiten Referendum begleitet werden. In beiden Fällen ist eine 2/3-Mehrheit erforderlich, und beide würden einige Zeit in Anspruch nehmen: mindestens 25 Tage für Parlamentswahlen und etwa drei bis vier Monate für ein zweites Referendum.
Allerdings bevorzugen sowohl Tories als auch die Labor Partei derzeit eher ein ausgehandeltes Abkommen. Die Labor Partei könnte zudem ein Misstrauensvotum gegen die Regierung einleiten, das Theresa May aber aktuell voraussichtlich gewinnen würde. Ihr eigener, freiwilliger Rücktritt ist ebenfalls eher keine Option.
Hintertür: Zurück auf Los?
Es ist auch eher unwahrscheinlich, dass das Vereinigte Königreich einseitig Artikel 50 widerruft. Großbritannien kann vom Brexit wieder zurücktreten, indem es Artikel 50 ohne Zustimmung anderer EU-Mitgliedstaaten widerruft. Das hat der Europäische Gerichtshof am 4. Dezember entschieden. Insofern ist zumindest die Hintertür noch offen und der „Bremain“ ein mögliches Szenario.
No Deal?
Der harte Ausstieg ist ebenfalls weiterhin möglich, wenn auch eher unwahrscheinlich. Er könnte aber zufällig passieren. Seit dem 4. Dezember können Abgeordnete im britischen Parlament übrigens Gesetze vorschlagen, die es illegal machen, die EU ohne ein Abkommen zu verlassen.
Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat das?
Die anhaltend hohe Unsicherheit hat die Widerstandsfähigkeit der britischen Wirtschaft deutlich geschwächt. Daher dürfte sich das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in 4. Quartal 2018 und 1. Quartal 2019 deutlich schwächer entwickeln. Für das jährliche BIP-Wachstum im Jahr 2019 erwarten wir lediglich magere 1,2%.
Die Abwertung des Pfunds (mehr als 10% seit der Brexit-Abstimmung) hat die Einfuhrkosten erhöht und zu einem Rückgang der Margen der britischen Unternehmen geführt. Das reale Importwachstum im Jahr 2018 wird voraussichtlich unter 1% liegen, dem niedrigsten Niveau seit 2011. Dies führte zu niedrigeren Absatzmengen westeuropäischer Unternehmen in Großbritannien. Wir schätzen, dass die Eurozone insgesamt seit der Brexit-Abstimmung rund 60 Mrd. EUR an potenziellen Absatzmöglichkeiten auf dem britischen Markt verpasst hat.
Vorsicht, steigende Pleiten!
Seit Mitte 2018 nehmen die Unternehmensinsolvenzen auf der Insel zu und wir erwarten, dass sie bis 2019 um weitere +9% ansteigen werden. Auch die Großinsolvenzen sind weiter auf dem Vormarsch: In den ersten 9 Monaten 2018 waren es 14 Großpleiten gegenüber 9 im gleichen Zeitraum 2017.
Entspannung ist also nicht angesagt – egal, wie es heute Abend aussieht. Denn selbst eine Einigung in letzter Minute ist weiterhin ein „Blind Date“, bei dem alle Details erst in den kommenden Jahren ausgehandelt werden. Die Unsicherheit ist also gekommen, um zu bleiben. Das wird sich weiterhin bei einem niedrigen Wirtschaftswachstum, hohen Unsicherheiten und geringer Planbarkeit bei Investitionen oder Fusionen bemerkbar machen. Das meiste bleibt also weiter auf Brexit-Eis.
Bildrechte/Copyright: Euler Hermes (Grafik), Angela Compagnone / Unsplash (Foto)