Handelskonflikt: Das Gift der Unsicherheit

7. Mai 2019 - Der Handelskonflikt zwischen den USA und China schwelt weiter und eine Einigung ist weiterhin alles andere als ein Selbstläufer. Aktuell mehr denn je. Denn US-Präsident Trump droht (mal wieder) mit Strafzöllen. Die Verhandlungen gehen dem Präsidenten offenbar nicht schnell genug voran – oder die Zugeständnisse reichen ihm nicht aus. Ob sich die Chinesen von den Trump’schen Drohungen allerdings beeindrucken lassen werden, ist unklar.

Klar ist aber, dass jeder weitere Monat die Wirtschaft Geld und Wachstum kostet. Dabei sind die Strafzölle nicht einmal das größte Problem. 2018 haben die bereits eingeführten Zölle den Welthandel rund 0,3 Prozentpunkte (pp) an Wachstum gekostet haben – die Unsicherheit jedoch mit 0,5pp wesentlich mehr. Insgesamt ist das Wachstum des Welthandels im vergangenen Jahr auf 3,8% deutlich geschrumpft (von 5,2% im Vorjahr).
 
Countdown: Alle 2 Monate verliert der Welthandel an Fahrt
Ein Ende ist auch 2019 nicht abzusehen. Es ist wie eine Art Countdown: Die Uhr zählt allerdings nicht die Zeit herunter bis zu einem großen Event, sondern das Wachstum bei Welthandel und Weltwirtschaft. Man kann es auch 2019 regelrecht schwinden sehen: Jede weiteren zwei Monate der Unsicherheit im Handelskonflikt zwischen den USA und China kosten den Welthandel etwa 0,1pp an Wachstum. Bei der Weltwirtschaft sind es etwa 0,1pp alle vier Monate.

Exportnationen wie Deutschland sind von dieser Entwicklung besonders stark betroffen, denn ihre Exportrisiken steigen erheblich: Weniger Wachstum bei gleichzeitig steigenden Kreditrisiken und Insolvenzen sind ein ungünstiger Risiko-Cocktail.

Nur bei Einigung bis zum Sommer ist 2019 noch eine Erholung drin
Wir gehen 2019 von einem weiteren deutlichen Abflauen des Wachstums beim Welthandel auf 3,0% und 2020 auf 2,7%. Insbesondere für das erste Halbjahr 2019 sind die Erwartungen sehr gedämpft. Erst im zweiten Halbjahr ist eventuell eine leichte Erholung in Sicht – aber nur dann, wenn die USA und China ihren Konflikt bis zum Sommer beilegen und eine Einigung finden. Sollte dies scheitern, könnte der Welthandel noch weiter ausgebremst werden. Eine Einigung muss also dringend her, um Schlimmeres zu vermeiden.

Wenn sich das Wachstum abschwächt und Handelsbarrieren in den größten Volkwirtschaften zunehmen, trifft es die Schwächsten zuerst. Weniger wettbewerbsfähige Unternehmen haben dann Probleme, ihre Waren an den Mann zu bekommen. Dann fängt ein Teufelskreis an: steigende Lagerbestände, eine verlangsamte Produktion und sinkende Preise. Das wiederum geht auch an anderen Unternehmen nicht spurlos vorbei, auch wenn sie größere Puffer haben. Es zeigt sich einmal mehr, dass es bei Protektionismus und andauernden Handelskonflikten nur Verlierer gibt.

Zusagen ohne Gegenleistung? Wohl eher nicht…

Der Schwebezustand könnte sich jedoch noch länger hinziehen. Zwar ist der Druck auf beiden Seiten hoch. Aber gleichzeitig sind beide Nationen darauf erpicht, ihren wirtschaftlichen und politischen Einfluss auszuweiten.

Während die USA mauern, konzentriert sich China auf andere Wachstumsmöglichkeiten wie zum Beispiel das (vielerorts umstrittene) Projekt „Neue Seidenstraße“. Chinas Zugeständnisse werden also auch nicht unendlich sein. Es ist eher unwahrscheinlich, dass diese die Ungleichgewichte zwischen den beiden Ländern wirklich grundlegend abbauen – von strategischen Themen wie der chinesischen Agenda zur Stärkung des eigenen Industriestandorts, dem Schutz von geistigem Eigentum oder fairem Handel ganz zu schweigen.

Das bedeutet: Auch die amerikanische Seite wird sich bewegen müssen, um eine Einigung zu ermöglichen. Präsident Trumps Vorstoß, Zölle nun sogar noch ausweiten wollen, zeigt wie kompliziert und verfahren die Verhandlungen aktuell sind – und im weiteren Verlauf sein werden.

Es ist jedoch unrealistisch zu glauben, dass China Zusagen machen wird ohne Gegenleistung. Ein Selbstläufer wird das also nicht. Ein gutes Vorzeichen für die ebenfalls ausstehenden Verhandlungen mit Europa wohl eher auch nicht. Hoffentlich mutiert der Konflikt nicht zum mehrjährigen Drama wie in Großbritannien. Die Zeche zahlen am Ende definitiv andere.
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