Iran: Warum alle auf die Amerikaner warten

8. November 2016 - Deutsche Exporteure stehen in den Startlöchern, um nach Ende der Sanktionen endlich wieder Geschäfte mit dem Iran zu machen – ein interessanter Markt, insbesondere für Waren „made in Germany“. Auch Hermesbürgschaften sind wieder möglich. Seit Anfang des Jahres gibt es zwar zahlreiche Verhandlungen zwischen deutschen und iranischen Unternehmen, Geschäfte in größerem Umfang bisher jedoch (noch) nicht. Woran das liegt? An der fehlenden Finanzierung. Alle warten auf die Amerikaner, hier den ersten Schritt zu tun.

Das kommt nicht von ungefähr. Der Geldverkehr mit dem Iran wurde von den USA bisher drastisch geahndet. Daran haben sich einige die Finger verbrannt. Kaum verwunderlich also, dass die Banken eine eher geringe Bereitschaft zeigen, Geschäfte mit dem Iran zu finanzieren. Auch die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA im November lassen die bestehenden Unsicherheiten in Bezug auf den Handel mit dem Iran nicht gerade sinken.

Der Iran steht weiterhin auf der amerikanischen Liste der ‚State Sponsors of Terrorism‘. Das bedeutet, dass der Iran weiterhin keinen Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten, Bankenwesen oder Versicherung hat – insbesondere in US-Dollar. Für Länder auf dieser Liste gelten auch nach Ende der Sanktionen zahlreiche Einschränkungen: beispielsweise ein Verbot von Waffenlieferungen, Kontrollen bei Exporten von Dual-Use Gütern in den Iran und vor allem das Verbot der USA für Finanzinstitute, Kredite an diese Länder zu vergeben.

Währungschaos
Zudem hat sich die Effizienz des iranischen Finanzsystems während der Sanktionen verschlechtert. Kreditausfälle werden auf rund 13% aller vergebenen Kredite geschätzt. Die tatsächliche Zahl dürfte vermutlich sogar noch höher liegen. Das Banksystem ist zu weiten Teilen staatlich. Das Währungsrisiko ist ebenfalls hoch und erschwert die Geschäfte ausländischer Unternehmen. Derzeit herrscht im Iran zudem ein Währungschaos – das auch nach dem Aufheben der Sanktionen zunächst weiter besteht. Unternehmen benötigen hier die Sicherheit, in welcher Währung sie beispielsweise ihre Geschäfte abschließen.

Katze im Sack: hohes Kreditrisiko
Hinzu kommen bestehende Unsicherheiten im allgemeinen Geschäftsumfeld, insbesondere durch die Hürden der Bürokratie, die es insgesamt nicht einfach machen, Geschäfte abzuwickeln. Das Kreditrisiko im Iran ist derzeit außerdem recht hoch. Unternehmensdaten wie Bilanzen sind nur in geringem Umfang öffentlich zugänglich. Lieferanten kaufen also quasi die Katze im Sack und haben keine Möglichkeit, die Bonität ihrer Abnehmer zu bewerten. Ohne entsprechende Informationen oder Absicherungsmöglichkeiten ist das Risiko hier deshalb enorm. Auch die juristischen Grundlagen sind derzeit relativ unsicher. Unternehmen müssen sich also vorsichtig heran tasten an Gerichte oder auch die Handhabung von Insolvenzverfahren.

Außerdem bleibt ein politisches Restrisiko, sowohl auf nationaler Ebene als auch insgesamt in der Region, nicht zuletzt aufgrund der Spannungen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien. Zum politischen Restrisiko zählt auch, inwieweit der iranische Staat selbst auf den Handel Einfluss nehmen wird. Derzeit ist beispielsweise unklar, ob und gegebenenfalls wie die Regierung eine Regulierung vornehmen wird, beispielsweise durch Importrestriktionen.

Exportchancen durch Nachholbedarf
Bei allen Hemmnissen steht aber dennoch fest: Der Iran wird langfristig ein sehr interessanter Markt werden, gerade auch für deutsche Exporteure. Vier gute Gründe dafür finden Sie hier. Es besteht ein großer Nachholbedarf, insbesondere in den Branchen, in denen die Deutschen traditionell stark sind, und das Qualitätsbewusstsein der Iraner ist hoch. Die große iranische Bevölkerung in Deutschland und Handelsbeziehungen zur Türkei könnten zudem als Türöffner fungieren. Das Potenzial ist groß, auch wenn deutsche Exporteure derzeit noch mit vielen Hindernissen kämpfen. Im besten Fall könnten sich die deutschen Exporte in den nächsten Jahren verdoppeln – trotz der Konkurrenz aus China.

Es hilft nur, am Ball zu bleiben: Geduld und Beharrlichkeit werden sich hier auszahlen.

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