Allianz Trade Studie: Europäischer Einzelhandel ist widerstandsfähiger als erwartet    

  • Einzelhandelsumsätze resilienter als erwartet: Ein Jahr nach der russischen Invasion in der Ukraine hat ein höheres Einkommensniveau den Inflationsschock teilweise abgefedert. 
  • Kaufparadoxon: Ausgaben für Güter wie Lebensmittel, Strom, Kraftstoff sinken, Ausgaben für Autos, Möbel, Kleidung und Kultur steigen
  • Durchschnittlicher Warenkorb in Deutschland steigt um 290 Euro im Vergleich zum Vorjahr
  • Herausforderungen für den Einzelhandel: Geringe Wachstumsraten, hohe Zinssätze und strengere Finanzierungen

Verpassen Sie keine Tipps und News mehr mit unserem Newsletter!

Alles rund um das Thema Forderungsmanagement, dazu aktuelle Einblicke zu wirtschaftlichen Entwicklungen, Branchen und Ländern sowie exklusive Einladungen zu Webinaren und Umfragen. Kostenlos und monatlich!

Hamburg, 13. Juli 2023 – Die Einzelhandelsumsätze in Europa sind trotz Rekordinflation widerstandfähiger als erwartet. Das zeigt eine aktuelle Studie von Allianz Trade, dem weltweit führenden Kreditversicherer. Ein Jahr nach der russischen Invasion in der Ukraine hat ein höheres Einkommensniveau den Inflationsschock teilweise abgefedert. So haben insbesondere starke Zuwächse bei den Arbeitnehmereinkommen – hauptsächlich durch eine sehr gute Arbeitsplatzentwicklung in Frankreich sowie höhere Löhne in Deutschland, Italien und Spanien – die Kaufkraft der Haushalte gestützt. Die während der Pandemie angesammelten Ersparnisse haben den Konsum ebenfalls unterstützt, während Kredite nur einen geringen Beitrag in Frankreich und Italien geleistet haben. Die Studienautoren von Allianz Trade erwarten jedoch, dass der Konsum erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 wieder Fahrt aufnimmt.

Aurélien Duthoit, Senior Sector Advisor, Allianz: „Wir gehen davon aus, dass der Konsum der privaten Haushalte in den großen Volkswirtschaften der Eurozone bis Mitte 2024 schwach bleiben wird, bevor er in dem Maße wieder leicht ansteigt, in dem sich die Reallöhne und das Vertrauen der Haushalte verbessern. Die Kaufabsichten der Verbraucher für große langlebige Güter sind angesichts der angespannten Kreditbedingungen und der hohen Zinssätze gering. Außerdem dürften höhere Zinsen die Haushalte zunehmend dazu veranlassen, ihre Ersparnisse auf höhere, aber weniger liquide Konten umzuschichten und/oder ihre Sparquote hoch zu halten. Umfragen zufolge bleiben die Sparabsichten für die nächsten 12 Monate auf einem historisch hohen Niveau.“


Kaufparadoxon: Ausgaben für Lebensmittel, Strom, Kraftstoff sinken, während Ausgaben für Autos, Möbel, Kleidung und Kultur steigen
Besonders interessant ist das Phänomen des "Kaufparadoxons": Im Gegensatz zu vergangenen wirtschaftlichen Abschwüngen sind die Ausgaben für nicht dauerhafte Güter (hauptsächlich Lebensmittel, aber auch Strom und Kraftstoff) am stärksten gesunken (von -2% in Italien bis -7% in Deutschland). Hingegen sind größere Anschaffungen wie langlebige Güter (Autos, Unterhaltungselektronik, Möbel, Haushaltsgeräte) oder halblanglebige Güter (Kleidung, Spielzeug, Kulturgüter) trotz der steigenden Lebenshaltungskosten im niedrigen einstelligen Bereich gewachsen. Auch Dienstleistungen wie Luftverkehr (+42% im Vgl. zum Vorjahr), Gastronomie (+13% im Vgl. zum Vorjahr) und Unterkunft (+30% im Vgl. zum Vorjahr) florieren.


Durchschnittlicher Warenkorb in Deutschland steigt um 290 Euro im Vergleich zum Vorjahr
Eine mögliche Erklärung liegt in der asymmetrischen Natur des Inflationsschocks auf die Haushalte: Haushalte mit geringeren Einkommen und Vermögen besonders stark von den dynamischen Preissteigerungen bei Lebensmitteln und beim Wohnen betroffen sind, sind sie gezwungen, bei lebensnotwendigen Gütern zu sparen. Vermögendere Haushalte hingegen verfügen weiterhin über frei verfügbares Einkommen. Berechnungen zeigen, dass der durchschnittliche Haushalt in Deutschland im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 zusätzlich etwa 290 Euro für den gleichen Warenkorb an Gütern und Dienstleistungen ausgegeben hat.


Herausforderungen für den Einzelhandel: Geringe Wachstumsraten, hohe Zinssätze und strengere Finanzierungen
Die Studie von Allianz Trade betrachtet auch die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen für den Einzelhandel: Die geringere Wachstumsrate, höhere Zinssätze und eine strengere Finanzierung stellen insbesondere Modegeschäfte, Warenhäuser und E-Commerce-Spezialisten vor große Risiken. Mit dem Rückgang staatlicher Unterstützungsprogramme im Rahmen der COVID-19-Maßnahmen verlangsamt sich der Konsum und Kredite werden knapper. Dies kann laut Studie zu einer Zunahme von Insolvenzen großer Einzelhandelsunternehmen führen. Denn bereits im ersten Quartal 2023 hat das Tempo bei den Insolvenzen angezogen mit 11 Fällen und einem Gesamtumsatz von 2,4 Milliarden Euro. Das deutet auf die Rückkehr zum Niveau von 2019 hin.

Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade DACH, fasst zusammen: "Die europäischen Einzelhandelsmärkte stehen vor großen Herausforderungen, insbesondere aufgrund der asymmetrischen Auswirkungen der aktuellen Inflation. Ärmere Haushalte sind gezwungen, bei essenziellen Gütern zu sparen, während vermögende Haushalte weiterhin ihre Konsumausgaben aufrechterhalten können. Es wird erwartet, dass der Konsum erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 wieder Fahrt aufnimmt. Für die Zwischenzeit sind Unternehmen – und hierbei insbesondere Modehändler, Warenhäuser und E-Commerce-Spezialisten gefragt, ihre Finanzierung sorgfältig zu planen und auf eine nachhaltige Geschäftsstrategie zu setzen, um die Risiken zu minimieren."

Die vollständige Studie (PDF, ENG) finden Sie hier:  https://www.allianz.com/content/dam/onemarketing/azcom/Allianz_com/economic-research/publications/specials/en/2023/july/2023_07_12_European_Retail-consumption.pdf


Pressekontakt
Ann-Catrin Boll-Ricker
Head of Communications
+49 (0) 40 / 88 34 – 1009
+49 (0) 161 / 1617648
Ann-Catrin.Boll@allianz-trade.com