Paris/Hamburg, 23. April 2013

​• Von den 10 Ländern mit dem stärksten potenziellen Nachfrageanstieg bis 2015 belegt China auch weiterhin die Spitzenposition (+10 %). Afrika ist mit Angola (5. Platz) und Nigeria (6. Platz) ebenfalls gut vertreten.

 
• Gegensätzliche Nachfragetrends der Branchen bis 2015 erwartet: Zusätzliche Importnachfrage, um die Chemie- (391 Mrd. USD, 299,5 Mrd. EUR) und die Autodindustrie (169 Mrd. USD, 129,5 Mrd. EUR) anzukurbeln.
 
• Anstieg des Handels innerhalb der Wirtschaftsgemeinschaften steigt in der Zeit von 2000 bis 2015 weiterhin an, insbesondere in Osteuropa
+ 453 %) und den ASEAN Ländern (+450 %).
 
• Der Welthandel wächst um 7 % in 2013 und um 11 % in 2014 (real
+4,1 % und +5,9 %) und treibt somit das Wirtschaftswachstum an. Asien weiterhin an der Spitze.

Der Welthandel erfährt derzeit einen grundlegenden Wandel. Das geht aus einer Studie von Euler Hermes, des weltweit führenden Kreditversicherers, hervor:
 
"Als Wachstumsmotor für die Weltwirtschaft wird ein reales Wachstum des Welthandels von 4,1 % für 2013 (gegenüber 2,5 % BIP-Wachstum) und um 5,9 % in 2014 (gegenüber 3,2 % BIP-Wachstum) erwartet", erläutert "Ludovic Subran, Chef-Ökonom bei Euler Hermes. "Allerdings wird es ausgeprägte Unterschiede auf Regional- und Branchenebene geben. Nach einer Zeit "vollständiger Globalisierung", beobachten wir derzeit einen Wandel hin zu stärkerer Regionalisierung und das Auftauchen neuer Risiken."
 
Das Erkennen des Freihandels als Quelle des Wohlstands wird durch fast 240 erfasste regionale Handelsvereinbarungen seit 1990 betont. Darüber hinaus profitieren Schwellenländer momentan doppelt so stark wie Industrieländer von der offenen Handelspolitik, insbesondere wenn sie Handelsvereinbarungen abschließen. In ähnlicher Weise zeigen die Entwicklungen auf Branchenebene wachsende Unterschiede: So realisieren Hersteller von Computerausrüstung siebenmal so viele Exporte wie Betriebe der Ernährungs- und Landwirtschaft.
 
Regionalisierung: neue regionale Abhängigkeiten, neue Sektorrisiken
 
Handelsbeziehungen zwischen den Regionen verstärken sich weiterhin. Jedoch gibt es eine graduelle Verschiebung bei den Abhängigkeiten im Handel zwischen Industrie- und Schwellenländern.
 
"Obwohl an mehr als der Hälfte des Handels mit Schwellenländern noch immer Industrieländer beteiligt sind, hat sich der Grad der Abhängigkeit erheblich verringert und ist zwischen 2001 und 2011 um 12 Punkte zurückgegangen", erläutert Subran. "In der Zwischenzeit wuchs der innerregionale Handel zwischen Schwellenländern um 19 % gegenüber einem Anstieg von 7 % innerhalb der Industrieländer. Jedoch geht dieses schnelle regionale Wachstum mit neuen Beschränkungen einher - insbesondere politischer Art - einschließlich einer zunehmenden Anzahl protektionistischer Maßnahmen, die die Lieferketten bedrohen."
 
Die Regionalisierung des Handels ist auch bei den führenden globalisierten Branchen offensichtlich, wenngleich einige spezielle Branchenbedingungen und - beschränkungen erwähnenswert sind.

• Ernährungs- und Landwirtschaft - logistische und strukturelle Beschränkungen. Exporte konzentrieren sich auf leicht zu befördernde landwirtschaftliche Rohstoffe, verarbeitete Lebensmittel mit größerem Mehrwert spielen beim gesamten innerregionalen Handel eine immer größere Rolle (Nähe, Lebensmittelsicherheit).

• Autoindustrie - Protektionismus und Beschränkung durch vermehrte regionale Abhängigkeit. Beispiele: 80 % der mexikanischen Kraftfahrzeug- exporte gehen in die USA und Kanada, 63 % der deutschen Ausfuhren sind für das restliche Europa bestimmt.
 
• Chemieindustrie - Beschränkungen bei den Rohstoffpreisen. Die Kunststoffindustrie ist abhängig vom Umfang der Öllieferungen und -preise, 22 % des Öls kommt aus dem Nahen- und Mittleren Osten.
 
• Pharmazeutika – Beschränkungen durch Entwicklungskosten und Kaufkraft. Die Preise für patentierte Pharmazeutika begrenzen ihre Ausfuhrmöglichkeiten insbesondere in Schwellenländer, die auch auf das Erscheinen von Generika am Markt in den folgenden fünf bis acht Jahren warten.
 
• Informations- und Kommunikationstechnologie - Kosten- und Wettbewerbsbeschränkungen. Die Preise für elektronische Bauelemente haben sich zwischen 2000 und 2013 halbiert.

"Der Sektor für elektronische Bauelemente, der aktuell in Asien angesiedelt ist, birgt ganz klar das Risiko der Hyperglobalisierung", so Didier Moizo, Branchenberater von Euler Hermes. "Viele Branchen, wie z.B. die Luft- und Raumfahrt, Auto- und Chemieindustrie, Dienstleister und Stahlindustrie sind in bedenklichem Maße von elektronischen Bauelementen abhängig. So könnte zum Beispiel in einem Katastrophenfall ein Totalausfall bei der Lieferung von Halbleitern eine weltweite Schockwelle von 32 Billionen USD (24,5 Billionen EUR) oder der Hälfte des globalen BIP auslösen."
 
Welthandels-Player - die Zukunft
 
Langfristig ist der Handel zwischen den Industrieländern wahrscheinlich rückläufig, wohingegen der Handel zwischen den Industrie- und den Schwellenländern zunehmen und der Handel zwischen den Wirtschaftsregionen der Schwellenländer sogar stark zunehmen wird.
 
"Unternehmen werden bis 2015 einen potenziellen Anstieg der Nachfrage in den führenden Importländern erleben, die eine günstige Grundlage für Wachstum bieten," so Ludovic Subran. "Asien wird seine beherrschende Stellung weiter bestätigen und die vier Spitzenpositionen bei Euler Hermes Rankings einnehmen (China, Vietnam, Indonesien, Indien), gefolgt von zwei afrikanischen Ländern - Angola und Nigeria. Zu den ‚nächsten 18’ gehören die Türkei, Russland, die Länder des Nahen und Mittlerer Ostens sowie einige südamerikanische Staaten - Kolombien, Peru und Ecuador."
 
"Auf Branchenebene hob Euler Hermes hinsichtlich des Importpotenzials für die nächsten drei Jahre die Stärke der Chemie- (+21 %) und Autoindustrie (+20 %) hervor, gefolgt von der Pharmazeutischen Industrie (+15 %), der Ernährungs- und Landwirtschaft (+10 %) und den elektronischen Bauelementen (+9 %). "Die Veränderungen beim Welthandel hängen sicherlich mit der Erschließung neuer Handelswege zusammen. Was einst die Seidenstraße war, ist heutzutage die Tabletstraße und wird in naher Zukunft sicherlich die Polymer- und Kunststoffstraße sein," bemerkt Subran. "Ingesamt rechnen wir mit einem 15%igen weltweiten Wachstumspotenzial des Handels von ca. 820 Mrd. USD (630 Mrd. EUR) durch Exporte in sieben Branchen ," erklärt Subran abschließend. "Dieses - in noch nicht einmal 3 Jahren - generierte Wirtschaftsvolumen entspricht dem der gesamten niederländischen Volkswirtschaft."