16.12.2022 - Seit unserem letzten vierteljährlichen Wirtschaftsupdate hat sich unsere Prognose eines verlangsamten Wachstums, einer hartnäckigen Inflation und steigender Zinsen bestätigt. Wir haben acht Songs identifiziert, die das kommende Jahr ganz gut zusammenfassen könnten:
#1. "Slow Down": Für 2023 prognostizieren wir weiterhin eine leichte Rezession in Europa aufgrund der Energiekrise und in den USA aufgrund der abrupten Normalisierung der monetären und finanziellen Bedingungen. Diese Trias-Rezession wird die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft auf die Probe stellen. Stärkere Bilanzen, Nachfragestau und fiskalische Unterstützung werden dazu beitragen, den Schaden zu begrenzen. In den Schwellenländern wird das Wachstum im Jahr 2023 voraussichtlich stabil bleiben. Für 2024 rechnen wir mit einer Erholung in den USA, während die Eurozone sich aufgrund des Stop-and-Go im Energiesektor eher "durchwurstelt".
#2. "Cold Heart": Die Energielücke wird in Europa weiterhin Anlass zur Sorge geben. Nachdem Rekordspeicherstände und Energieeffizienzsteigerungen dazu beigetragen haben, ein Blackout-Szenario im Jahr 2022 zu vermeiden, sind die Aussichten für den nächsten Winter (2023-2024) gedämpft, da die Substitution der russischen Gasimporte wohl nicht ausreichen wird. Die unsichere Gasversorgung wird sich negativ auf das Vertrauen auswirken und die fiskalischen Möglichkeiten der Region auf die Probe stellen, um die Auswirkungen der hohen Strompreise auf Unternehmen und Haushalte abzufedern. Außerdem werden die politischen Entscheidungsträger gezwungen sein, gemeinsam Wege zur Verbesserung der Energieeffizienz und zur Stabilisierung des Gasverbrauchs über kurzfristige Einsparungen hinaus zu finden. Die Alternative wäre eine Wiederholung von 2012 und das Risiko einer Fragmentierung Europas.
#3. "Bad Blood": Die (Geo-)Politik macht weiterhin Sorgen. Von einem gespaltenen Kongress und einer spürbaren Rückkehr zum guten alten Protektionismus durch den Inflation Reduction Act (IRA) in den USA über Europas Ablenkungsmanöver zur Bewältigung des negativen Wettbewerbsschocks infolge der Energiekrise (Souveränität, Reindustrialisierung) bis hin zu Chinas Spagat zum Ausstieg aus seiner Null-Covid-Strategie und den vielen anstehenden wichtigen Wahlen werden Anleger und Unternehmen Strategien entwickeln müssen, wie sie mit diesen Herausforderungen umgehen wollen.
#4. "Dragon Attack": Chinas Änderung seiner Anti-Covid-Strategie wird den Druck auf den sich verlangsamenden Welthandel abschwächen und den Rückgang der Erzeugerpreise beschleunigen. Der inländische Aufschwung nach der Covid-Krise könnte in der zweiten Jahreshälfte 2023 und bis in das Jahr 2024 hinein spürbar werden, da wir davon ausgehen, dass die Covid-Beschränkungen in China im Frühjahr 2023 gelockert werden. Eine schnellere Lockerung würde der Weltwirtschaft zugute kommen, während ein Rückschlag den Welthandel belasten und das Nachlassen des Inflationsdrucks verzögern könnte.
#5. "Never Give Up": Die Schwellenländer werden in den kommenden Monaten mit sehr unterschiedlichen Herausforderungen und Gegenwind konfrontiert sein. In Lateinamerika ist das politische Risiko gestiegen, die osteuropäischen Länder sind von der Energiekrise stärker betroffen als die meisten anderen, und die Rohstoffimporteure in aller Welt werden mit einem starken Dollar und hohen Energie- und Lebensmittelpreisen zu kämpfen haben. Glaubwürdige politische Maßnahmen werden den Unterschied ausmachen. Die Sorge um die Tragfähigkeit der Verschuldung wächst in einigen Ländern angesichts steigender Zinsen und der Kapitalflucht in Sicherheit.
#6. "Castle on the Hill": Die Zentralbanken sind entschlossen, die Inflation zu bekämpfen und dafür zu sorgen, dass sie sich nicht verfestigt. Auch wenn der derzeitige Zinserhöhungspfad sich abschwächt, wird die Unabhängigkeit der Zentralbanken so oder so auf die Probe gestellt: Entweder sie entscheiden sich für eine längere Beibehaltung ihres restriktiven geldpolitischen Kurses trotz einer drohenden Rezession, oder sie werfen zu früh das Handtuch und riskieren damit endgültig eine Stagflation. Vor dem Hintergrund einer moderaten quantitativen Straffung und einer abnehmenden systemweiten Liquidität besteht das Risiko eines Engpasses aufgrund politischer Fehler.
#7. "Bad Habits": Seit 2020 hat der Krieg gegen das Virus und nun auch gegen Russland eine Superwaffe: Unterstützung durch den Staat. Sie wird auch in den nächsten Jahren im Mittelpunkt stehen, von Entlastungsmaßnahmen für die Lebenshaltungskostenkrise über eine grüne Industriepolitik zur Bewältigung stiller Kriege (Klimawandel, Überalterung) bis hin zum Kampf gegen den Drang zu einer massiven steuerpolitischen Kehrtwende. Eine gezieltere Ausrichtung der Hilfen und weniger Verzerrungen wären zu begrüßen, damit die Finanzmärkte nicht zu selektiv werden.
#8. "Easy on Me": Im Jahr 2022 erlebten die Kapitalmärkte mit einer beispiellosen Kurskorrektur sowohl bei Aktien als auch bei festverzinslichen Wertpapieren eine Katastrophe ohnegleichen. Für die Zukunft scheinen die Gewinnprognosen immer noch zu günstig zu sein, und selbst eine mildere Rezession ist noch nicht vollständig eingepreist. Festverzinsliche Wertpapiere sind wieder im Kommen, aber Vorsicht vor dem Risiko! Da die Zentralbanken überschüssige Liquidität aus dem gesamten System abziehen und die Handelsvolumina selbst in historisch liquiden Märkten zurückgehen, sollten wir uns vor "Finanzunfällen" in Acht nehmen.